Endlich Doula
„Wenn wir die Welt verbessern wollen, müssen wir als erstes die Art und Weise des zur Welt Kommens verbessern.“ Michel Odent
Mein Weg zur Doula
Hallo ihr Lieben. Mein Name ist Julie, ich bin 32 Jahre jung und Mama von drei wundervollen, wilden Jungs. Nach meiner ersten recht traumatischen Geburt, erlebte ich nur wenige Jahre später zwei traumhafte Hausgeburten, ohne Schmerzmittel und ohne Fremdeinwirkung, vollkommen selbstbestimmt, stark und hingebungsvoll. Ich hatte also drei Schwangerschaften und drei Geburten, die unterschiedlicher nicht hätten sein können. Wo lag der Unterschied?
Mit meiner ersten Schwangerschaft und später auch Geburt setzte ich mich kaum auseinander. Ich dachte es läuft so, wie in allen Hollywood Filmen. Da platzt der Schwangeren die Fruchtblase und kurze Zeit später geht es panisch ins Krankenhaus, in der Hoffnung, dass Ärzte ihr Übriges tun, um die Frau aus ihrer qualvollen Situation zu befreien. Im Krankenhaus angekommen liegt die werdende Mutter brüllend auf dem Rücken, die Beine in Beinhaltern. Irgendwer Fremdes ruft Pres-sen!! Die Mutter hochrot, am schwitzen und das Baby ist plötzlich da. Die Anwesenden lächeln milde, die Mutter ist erschöpft und das Baby schreit mit 1000 Dezibel. Der Vater ist stolz und der Film zu Ende. Wundervoll.
Das absurde ist: genau so verlief meine erste Geburt. Nur das diese Form des Gebärens alles andere als selbstbestimmt, ruhig und kraftvoll war. Vielmehr habe ich mich ausgeliefert, fremdbestimmt, unsicher und überfordert gefühlt. Nachdem ich von meiner zweiten Schwangerschaft erfuhr, stand für mich sofort fest, dass ich diesmal eine positive Geburtserfahrung machen ud mich besser vorbereiten möchte.
Ich fing also an zu hinterfragen, inwiefern ich mich besser auf meine erste Geburt hätte vorbereiten können und an welchen Stellen ich mich übergriffig behandelt gefühlt habe. Ich begann mich intensiver mit den Themen rund um eine angstfreie und achtsame Geburt auseinanderzusetzen und erfuhr, dass eine Schwangerschaft und eine Geburt durch eine richtige Vorbereitung und dem passenden Mindset auch wunderschöne und selbstbestimmte Erlebnisse sein können. Also handhabte ich meine zweite und später dritte Schwangerschaft von Grund auf anders. Ich entschied mich für eine Hausgeburt und verlies mich in meiner Schwangerschaft ganz auf mein Körpergefühl. Da ich zu keinem Zeitpunkt das Gefühl hatte, dass es meinem Baby im Bauch nicht gut geht, ließ ich fast alle Vorsorgeuntersuchungen aus und nahm nur eine Ultraschall-Untersuchung wahr, die für meine Hausgeburt notwendig war. Ich beschäftigte mich viel mit meinem Mindset und lernte Meditations- und Hypnosetechniken. Im Februar 2021 hatte ich dann in einem Ferienhaus in Bayern eine selbstbestimmte, friedliche und schmerzarme Allein - Hausgeburt. Während der Nachsorge wurde ich von meiner Hebamme durch Akupunktur, Traumreisen und Gesprächen wunderbar begleitet. Nach dieser Geburtserfahrung war mir klar - es geht anders! Knapp drei Jahre später folgte eine weitere traumhafte Hausgeburt in unserem Haus in Portugal. Wieder ohne Schmerzmittel, vollkommen intuitiv und entspannt.
Ich wünschte mir so sehr, dass auch andere Frauen, solch ein tolles Geburtserlebnis erfahren würden und entschied mich dazu, mich in diesem Gebiet fortzubilden - mit der Vision: Frauen auf ihrem Weg der Schwangerschaft mental zu begleiten, ihr Selbstvertrauen zu stärken und sie auf eine selbstbestimmte, starke und hingebungsvolle Geburt vorzubereiten. Ich absolvierte meinen ersten Reiki-Grad, bei dem es sehr viel um körpereigene Energien geht, machte eine "HypYourBirth" Ausbildung mit dem Schwerpunkt: Yoga und Hypnose in der Schwangerschaft, meine Ausbildung zur Hypnobirthing Kursleiterin und schlussendlich meine Ausbildung zur Doula.
Da die Rolle der Doula in Deutschland leider noch zu wenig verbreitet ist und viele mit dem Begriff nichts anfangen können, möchte ich euch das Thema hier einmal näher bringen.
Was ist eine Doula?
Der Begriff Doula stammt aus dem Altgriechischen und heißt wörtlich übersetzt „Dienerin der Frau“. Eine Doula ist eine geburtserfahrene Frau, die Frauen vor, während und nach ihrer Schwangerschaft mental unterstützen. Diese Art der Geburtsbegleitung hat eine sehr lange Tradition. Damals standen Doulas Gebärenden zur Seite, wenn es im Dorf oder Umkreis keine Geburtshelferin gab. Heute übernehmen sie die Rolle, die früher bei Hausgeburten weibliche Verwandte oder Freundinnen übernommen haben. Die Begleitung kann im Krankenhaus, im Geburtshaus oder bei einer Hausgeburt stattfinden. Eine Doula übernimmt dabei weder die Rolle einer Hebamme noch einer Krankenschwester. Vielmehr trägt sie durch ihre Anwesenheit bei der Geburt dazu bei, dass die Frauen sich geborgen, gehört und ermutigt fühlen. Doulas sehen die Geburt als Schlüsselerfahrung im Leben der Mutter und des Kindes, weshalb sie eine achtsame und liebevolle Begleitung fokussieren. Ziel ist es dabei auch, die Mutter-Kind-Bindung während der Schwangerschaft, bei der Geburt und auch für die Zeit danach, zu stärken.
Während sich Doulas in der USA schon lange in der Geburtsbegleitung etabliert haben, sind sie in deutschen Geburtszimmern nur selten anzutreffen. Dennoch steigen auch hierzulande immer mehr die Nachfrage und der Wunsch von Schwangeren nach einer kontinuierlichen Geburtsbegleitung durch eine erfahrene und vertraute Person.
Fremdbestimmung vs. Eigenbestimmung!
In unserem Gesundheitssystem stehen bei einer Schwangerschaft vor allem die Entwicklung des Kindes und die körperlichen Veränderungen der Mutter im Vordergrund. Das Bild von der Geburt gleicht einem medizinischen, von außen gesteuertem Ereignis. Statt die Schwangerschaft zu genießen, verbringen viele Frauen diese Zeit damit, beim Arzt zu sitzen und zu kontrollieren, ob es dem Baby gut geht. Dabei vergessen wir viel zu oft, dass wir von Natur aus mit einem tollen Körpergefühl und einer wunderbaren Intuition versorgt wurden. Das wir unser Vertrauen in unsere eigenen Erfahrungen und ursprünglichsten Werte verloren haben ist wiederum kaum verwunderlich. Vor allem wir Frauen lernen von klein auf zu funktionieren, keine Wiederworte zu geben und uns anzupassen. Die eigene Meinung sagen? Grenzen setzen? Fühlt sich für die meisten von uns unangenehm an! Zu groß ist die Angst vor Ablehnung oder etwas falsch machen zu können. Wie sollen wir es also in einer Situation schaffen, in der es um so viel mehr geht? Nämlich um unser Baby! Einem Wunsch den womöglich so viele Frauen entgegenfiebern. Natürlich wollen wir alle auf Nummer sicher gehen. Es spricht also vieles dagegen, sich "bloß" auf unser Bauchgefühl, unsere weibliche Intuition, unsere Erfahrungen und unser Wissen zu verlassen - und trotzdem wäre es schön, in Teilen wieder genau dorthin zurück finden. Letztendlich gilt: Jede Frau soll genau das tun, was sich für sie und ihr Baby richtig anfühlt. Mir ist dabei wichtig, dass wir Frauen selbstbestimmt vorgehen, jeden Schritt gut durchdenken, unsere Rechte kennen und wissen, welche Vor-und Nachteile mit bestimmten Entscheidungen einhergehen.
Meine Aufgabe als Doula
An dieser Stelle komme ich als Doula ins Spiel. Bei unseren Terminen geht es vor allem um die Bedürfnisse der Mutter und den emotionalen Support, aber auch um Aufklärung, Tipps und eben all die Gedanken und Gefühle, die Raum brauchen um gesehen, gehört und gefühlt zu werden. Ich als Doula möchte die Urkraft der Frau stärken und sie auf dem Weg zu einer selbstbestimmten, friedlichen Geburt begleiten.
Vor allem Frauen, die große Angst vor der Geburt haben, keinen Partner haben oder bereits ein Geburtstrauma erleben mussten, können von der emotionalen Unterstützung profitieren. Darüber hinaus gibt die kontinuierliche Anwesenheit den Schwangeren ein Gefühl von Sicherheit, Zuversicht und vermindert somit Stress und Ängste. Dass sich die kontinuierliche Anwesenheit einer vertrauten, erfahrenen Person positiv auf die Geburtsdauer, den Schmerzmittelbedarf und das Geburtserlebnis allgemein auswirkt, konnte bereits in den 1980ern in einer amerikanischen Studie festgestellt werden. Auch die medizinischen Eingriffe und die Kaiserschnittrate ist geringer. Die Ergebnisse werden von einer in 2011 aktualisierten Studie weiterhin bestätigt.
Aufgaben und Fähigkeiten einer Doula
Eine Doula hat keine medizinischen Aufgaben. Man kann vielmehr sagen, dass sie für die Seele, die Motivation und das Wohlbefinden der Frau zuständig ist. Sie findet durch Gespräche heraus, welches Bild die werdende Mutter von einer Geburt hat und was sie benötigt, um mit Selbstvertrauen in dieses Erlebnis zu gehen. Sie ist (wenn gewünscht) vor, während und nach der Geburt durch ihre Präsenz die persönliche Ansprechpartnerin und Vertraute der Familie und schützt dessen Intimsphäre. Sie sorgt also dafür, dass sich die Frau in der Geburtsumgebung wohl und sicher fühlt. Sie zeigt der Frau jedoch weder wie sie atmen noch welche Bewegungen sie machen soll, da dies entgegen ihrer Arbeitsweise die Selbstbestimmung der Frau einschränken würde. Vielmehr kann sie durch ihre wachsame Anwesenheit bei der Geburt, der Frau Optionen mit an die Hand geben und in entscheidenden Momenten passende Fragen stellen, wenn die Frau selbst nicht weiterkommt. Man kann sich die Doula also auch wie eine gute Freundin vorstellen, die mit einer Tasse Kaffee neben der werdenden Mama sitzt und schaut, was sie gerade braucht. Auch Vätern kann sie während der Geburt dabei helfen, ihre Rolle zu finden und ihnen Sorgen oder Unsicherheiten zu nehmen.
Sie ist geschult im Umgang mit verschiedenen Geburtsverläufen, kennt Entspannungs- und Schmerzlinderungstechniken und zeichnet sich durch eine große Kommunikations- und Empathiefähigkeit aus. Außerdem bieten die meisten Doulas darüber hinaus noch weitere Dienste wie Massagen, Yoga-Übungen, Stillberatung oder Reiki-Behandlungen an.
Nach der Geburt liegt der Fokus einer Doula weiterhin auf den Bedürfnissen der Frau. Sie hilft ihr, das Geburtserlebnis und die intensiven Eindrücke zu verarbeiten und begleitet sie im Übergang in die neue Lebensphase. Auch für den Vater oder für Geschwisterkinder ist sie in dieser Zeit Ansprechpartnerin und von großer Hilfe.
Doulas begleiten darüber hinaus auch besondere Geburten, wie Früh-, Fehl- und Totgeburten sowie Frauen, die in besonderen Lebenssituationen stecken, da sie beispielsweise Gewalt- und Missbrauchserfahrungen gemacht haben.
Die Unterscheidung zur Hebamme
Wie bereits beschrieben, ist eine Doula nicht für medizinische Fragen zuständig und greift somit nicht ins Geburtsgeschehen ein. Sie misst weder Herztöne noch schaut sie auf die Uhr, wann die nächste Welle kommt. Für diese Aufgabenbereiche, sowie den gesamten physiologischen Ablauf der Geburt sind Hebammen oder Ärzte zuständig. Die Doula ist also kein Ersatz zu einer Hebamme. Vielmehr stellt sie eine Ergänzung dar. Während die Hebamme vor allem ein Auge auf die Entwicklung des Kindes und den Gesundheitszustand der Mutter hat, steht die Doula mit einem individuellen Schwerpunkt im Dienst der Mutter und des Partners und kann damit eine Lücke schließen. Eine Hebamme hat natürlich ebenfalls das Grundbedürfnis, der Frau emotionalen Beistand zu leisten und dafür zu sorgen, dass es ihr gut geht. Sie ist jedoch nochmal viel mehr ans System gebunden und betreut häufig mehrere Geburten gleichzeitig. Bei Krankenhausgeburten wird die Hebamme (wenn es keine Beleghebamme ist) auch erst vor Ort kennengelernt. Die Doula kann durch eine vertraute Basis und ihre kontinuierliche Anwesenheit eine emotionale Konstante bilden und dafür sorgen, dass die Gebärende gut versorgt ist.
Betreuungsablauf und Kosten
In einem Erstgespräch, das idealer weise einige Monate vor der Geburt stattfindet, geht es um ein Kennenlernen. Bis zur Geburt folgen dann weitere Termine, in denen im Fokus steht, eine vertraute Beziehung aufzubauen und das Selbstvertrauen der werdenden Mutter zu stärken. Auch der Ablauf einer Doula-Geburt wird besprochen und offene Fragen geklärt.
In Deutschland wird die Unterstützung durch eine Doula nicht von den Krankenkassen übernommen, sondern muss privat getragen werden. Die Kosten sind je nach Dauer, Intensität und Art der Begleitung sehr individuell. Meistens werden Pakete angeboten, die die Vorgespräche, die Rufbereitschaft, die Anwesenheit bei der Geburt sowie die Nachbesprechung im Wochenbett beinhalten.
Meine persönliche Vision
Durch meine wundervolle Hausgeburt ist mir bewusst geworden, dass nicht jede Geburt traumatisierend, fremdbestimmt und schmerzvoll sein muss. Vielmehr kann sie mit dem richtigen Mindset, einer guten Vorbereitung, den richtigen Menschen, dem Vertrauen in den eigenen Körper, sowie dem Gefühl von Sicherheit und Geborgenheit friedlich und selbstbestimmt ablaufen.
Mit der Rolle einer Doula kann ich mich identifizieren, da sie genau diese Aspekte fokussiert. Ich habe die Vision, dass Schwangerschaft und Geburt in unserer Gesellschaft wieder zu einem selbstbestimmten Ereignis werden. Für die eine Frau kann das die Hausgeburt in den Bergen sein, für die nächste der geplante Kaiserschnitt und wieder eine andere entbindet im Geburtshaus. Wichtig ist mir: dass wir Frauen in jeder Situation selbst bestimmen, dass wir unser Rechte kennen, dass wir genau wissen, warum wir diesen oder jenen Schritt gehen oder machen lassen und das die Urkraft der Frau wieder in ihr Zentrum findet.
Nachdem ich meine Ausbildung zur Doula abgeschlossen habe, möchte ich gerne vorerst schwangere Frauen ortsunabhängig online und telefonisch begleiten. Perspektivisch, wenn ich fest in Portugal wohne, kann ich mir auch gut vorstellen, Paare zu empfangen oder Vorbereitungskurse zu geben. Ich freue mich sehr auf diese spannende Reise und kann es kaum abwarten, als Doula tätig zu werden.
„Wenn eine Frau während der Geburt nicht wie eine Göttin aussieht, dann behandelt sie jemand nicht richtig.“ Ina May Gaskin
Nur dank dir bin ich in meiner Schwangerschaft auf Kristin Graf und die friedliche Geburt aufmerksam geworden und hatte so eine wundervolle, kraftvolle, friedliche (und schnelle, 3h Wehen) erste Geburt!
Danke!
Ich finde es toll, welchen Weg du jetzt gehst!
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