Bewertung und Benotung von Kindern
„Das Gras wächst nicht schneller, wenn man daran zieht“ – afrikanisches Sprichwort
Es ist wieder soweit- das Schuljahr ist zu Ende und die Sommerferien stehen vor der Tür – und mit ihnen auch die Zeugnisse. Während bei den einen die Alarmglocken angehen, ob ihr Umfeld wohl mit ihren Leistungen zufrieden sein wird, dürfen sich die anderen Strebersprüche über ihre guten Noten anhören. Wie gerecht kann die Bewertung mit Noten sein? Und wie sinnvoll ist das Konzept der Bewertung von Kindern überhaupt? Damit wollen wir uns in diesem Blogbeitrag beschäftigen.
Bewertung und Benotung in der Schule
In den meisten Schulen werden die Schulleistungen von Kindern nachwievor anhand von Noten bewertet. Die Ziffern 1 bis 6 sollen dabei die gesamte Leistung innerhalb der letzten sechs Monate abbilden. Dabei steht die Note 1 beispielsweise für eine sehr gute Leistung und die Note 6 für „deine Leistung war ungenügend“. Wir erfahren durch eine Note also, wo sie im Vergleich zu anderen stehen. Was aber sagt die Ziffer über die Lernentwicklung und über die individuellen Fähigkeiten aus und welchen Mehrwert hat diese Bewertungsform für unsere Kinder?
Verfechter der Notenvergabe argumentieren gerne damit, dass Noten beim Lernen motivieren und anspornen würden und an den „Defiziten“ der Kinder besser gearbeitet werden kann. Bei Kindern aus dem Leistungs-Mittelfeld mag das vielleicht auch der Fall sein, dass Noten sie anspornen, zu den „Besten“ zu gehören. Auf alle anderen wirken Noten eher demotivierend. Kinder, denen lernen tendenziell leichtfällt, erfahren bereits bei Schuleintritt, dass sie sich für gute Noten nicht anstrengen müssen, weil sie in der ersten Klasse schon lesen oder rechnen können. Kinder, denen lernen schwerfällt, erhalten mit einer Benotung hingegen immer wieder die Botschaft, das ihre Leistung, ihr derzeitiges Können, ihre Bemühungen nicht genügen, dass sie die Erwartungen nicht erfüllen können– egal wie sie sich anstrengen. Eine schlechte Note bedeutet: „Du hast den Stoff nicht verstanden. Bitte nachholen, aufarbeiten, schauen wo noch „Lücken“ sind. Dennoch machen wir im Lehrplan weiter, denn die Zeit rennt.“ Für ein Kind bedeutet diese Note Auswirkungen auf Selbstvertrauen und Selbstwertgefühl, sowie die damit einhergehende negative Einstellung zur Schule. Denn Kinder nehmen Bewertungen persönlich. Eine Eins in Mathe bedeutet für sie: ich bin etwas wert, ich bin gut WEIL ich eine Eins habe. Ich darf mich gut fühlen. Die Sechs in Englisch heißt: ich bin schlecht und nicht liebenswert, WEIL ich eine Sechs habe. Denn seien wir mal ehrlich, welches Kind bekommt eine Minderleistung in die Hand gedrückt und ist damit dennoch zufrieden? Noten machen was mit unseren Kindern, das steht fest. Sie fühlen sich also wie ein Sieger oder ein Verlierer. Warum? Weil die Konsequenzen der Noten ebenfalls entweder angenehm oder unangenehm sind. Während die Eins zu Hause in einigen Familien 10 € oder ein Eis gibt, bedeutet eine Fünf Handyverbot oder sogar am Ende des Jahres der Ausschluss aus dem Klassengefüge.
Bereits bei unseren Kleinsten fängt die Bewertung an. An manchen Schulen werden schon Erstklässler in ihrer Leistung und ihrem Verhalten durch Noten oder Zeichen wie +, ~ und – bewertet, die aussagen sollen, inwiefern das jeweilige „Lernziel“ erreicht wurde. So wird in dem Zeugnis von dem 7-jährigen Sohn meiner Freundin beispielsweise bewertet, mit wie viel Ausdauer mitgearbeitet wird, ob das Kind im Musikunterricht mitsingt, wie ordentlich geschrieben wird, wie geschickt sich im Sportunterricht bewegt wird, wie viel Interesse an Religion besteht, ob das Kind versteht, was es liest, ob ein angemessenes, ausdauerndes Lerntempo herrscht und ob sich an vereinbarte Umgangsformen gehalten wird. Als die Zeugnisse verteilt und die Noten vor der gesamten Klasse von jedem einzelnen Kind laut vorgelesen wurden, wurde auch das Zeugnis von einem Kind vorgelesen, das die Versetzung nicht erreicht hat. Vielleicht schließen wir an diesem Punkt kurz die Augen und fragen uns, wie sich dieser kleine Junge in dem Moment gefühlt haben muss!
Ich frage mich, WAS sagen all diese Dinge über die Fähigkeiten des Kindes aus? Was, wenn das Kind nicht mitsingt, weil es introvertiert ist und sich schämt, was wenn das Kind mit Religion schlichtweg nichts anfangen kann, weil es aus einer ungläubigen Familie stammt oder motorisch „ungeschickt“ ist? Alles kindliche Eigenschaften, die naturgegeben sind. Was empfinden Kinder, wenn sie in solchen Bereichen nun ein Minus oder eine schlechte Note stehen haben? Was lernt es daraus? Was bedeutet mit „Ausdauer“ zu lernen und was ist ein „angemessenes Lerntempo“? Wer entscheidet darüber, was angemessen ist?
Wieso lassen wir unsere Kinder in unserer Gesellschaft nicht einfach SEIN? Wieso wollen wir sie in ALLEM bewerten und vergleichen? Was ist unser Ziel dahinter? Die Bewertung der Kinder hat die Funktion, sie zu einem erwünschten Verhalten zu bringen und zum Lernen zu bewegen. Kinder erfahren durch eine Note, wo sie im Vergleich zu anderen stehen. Doch ist ein Vergleich mit anderen Kindern, deren Familienhintergrund, genetische Komponente, Interessen und Fähigkeiten gänzlich unterschiedlich sind, nicht schlichtweg unmöglich?
Bei den Spitzenreitern der PISA Studie finden sich sowohl Länder wie Südkorea, in denen mit starkem Druck gearbeitet wird, wodurch vieles (selbst die Gesundheit) nicht selten geopfert wird, aber auch Länder wie Finnland oder Schweden, in denen hingegen bis zur 8.Klasse auf Noten verzichtet wird und die Bedürfnisse, die Neugier und die Gemeinschaft der Kinder im Vordergrund stehen, statt Konkurrenzkampf und Leistungsdruck. Und auch in Deutschland gibt es immer häufiger Schulen, die vermehrt auf das Benotungssystem verzichten. Doch leider sind diese Schulen oftmals privat und für zu viele Familien nicht erschwinglich. Allgemein sehen wir also – beide Herangehensweisen erzielen „gute“ Leistungen. Wir müssen uns einfach fragen, welche Werte wir unseren Kindern mit auf dem Weg geben wollen. Und ich weiß, ich trigger hier einige Eltern, deren Kinder auf Schulen gehen, wo genau diese Konzepte vorherrschen. Denn vielen sind schlichtweg die Hände gebunden. Dennoch war und ist mein Ansatz, bestehende Konzepte und Strukturen zum Wohle unserer Kinder so lange zu hinterfragen, bis sie Sinn ergeben und kindgerecht ausgearbeitet sind, dazu gehört auch, dass unser Notensystem abgeschafft wird. Und ich freue mich, wenn ich Eltern dabei helfen kann, einen anderen Blick auf das Zeugnis ihres Kindes zu gewinnen.
Oftmals werden mir Argumente entgegengebracht wie „Man wird sein ganzes Leben bewertet, unsere Kinder müssen früh lernen, damit klarzukommen!“ Und ja, stimmt. Kinder werden in unserer Gesellschaft auch als Erwachsene beurteilt und bewertet, leider. Doch gehen wir in den Vergleich: Erwachsene werden nie so hart und klar beurteilt wie früher in der Schule durch schlechte Noten und „Sitzenbleiben“ (allein das Wort!). Wie viele Angestellte werden entlassen oder wegen schlechter Leistung degradiert? Und selbst dann, verlaufen solche Gespräche auf Augenhöhe und jemand Erwachsenes kann selbst entscheiden, ob er sich diese Bewertung zu Herzen nimmt oder nicht. Es ist nicht zu vergleichen und das Argument ist schlichtweg hinfällig. Wir wollen unsere Kinder abhärten und auf eine Welt vorbereiten, in der es permanent um Konkurrenz geht, doch wir entscheiden, ob wir uns auf diesen Konkurrenzkampf einlassen wollen oder nicht. Wieso gehen wir also mit unseren Kleinsten so hart vor? Wieso dieser Leistungsdruck? Natürlich gibt es auch Jobs wo stark bewertet und konkurriert wird- doch hier ist es in der Regel unsere freie Entscheidung, ob wir in solch einem Umfeld arbeiten wollen oder nicht. Wir können jederzeit kündigen – das können unsere Kinder nicht.
Es ist erwiesen, dass wir Menschen am besten lernen, wenn wir uns wohlfühlen. Statt Bewertung und Vergleich durch eine Zahl, wäre es also sinnvoller, das einzelne Kind mit seinen Bedürfnissen und Lernfortschritten in den Fokus zu setzen, um eine Grundlage für weiteres Lernen zu legen. Viele Schulen legen ihren Fokus bereits auf solche Lernkonzepte, was toll ist, dennoch steht dem ganzen unser Bewertungssystem kontrovers gegenüber. Nur durch echtes GESEHEN werden und ehrliches Interesse, können sich Kinder weiterentwickeln und im eigenen Lerntempo individuelle Erfolge erzielen. Hierzu braucht es KEINE Bewertung. Sofern Noten vorhanden, liegt der Schwerpunkt in unserem heutigen Schulsystem auf den Schwächen und Defiziten der Kinder. Es wird verlangt, dass unsere Kinder nicht nur in Sport und Deutsch gut sind, sondern auch in allen weiteren Schulfächern. Mit Hilfe von Nachhilfe, Förderunterricht und weiteren Lerngruppen wird versucht, unsere Kinder möglichst auf denselben Leistungs-und Wissensstand zu bringen. Statt den Fokus also auf die Stärken und Talente unserer Kinder zu legen und hier zu schauen, welche Interessen vorherrschen, ist es unsrer Gesellschaft wichtiger, dass unsere Kinder vor allem Bereiche für die sie sich nicht mal interessieren, priorisieren.
Doch ist nicht unser Credo, sobald wir erwachsen genug sind, einen Job zu finden der uns in erster Linie Spaß macht und erfüllt? Wie genau soll das funktionieren, wenn wir nie gelernt haben, auf unser Können zu vertrauen und den Fokus auf das zu legen, was uns wirklich erfüllt?
Unser Ziel sollte immer sein, Kinder handlungsfähig und eigenständig zu machen, indem wir ihnen eine Stimme geben und ihre Bedürfnisse sehen- so kann Entwicklung entstehen. Kinder brauchen echte Vorbilder, die sich interessieren und sie wahrnehmen. Das Ganze fängt bereits in unseren eigenen vier Wänden an.
Bewertung Zuhause
Nun ist es leider so, dass das Konzept der Notenvergabe derzeit noch herrscht, nicht überall aber an zu vielen Schulen. Und wenn wir unsere Kinder nicht auf eine alternative Schule schicken können oder vorhaben auszuwandern, müssen wir also einen Umgang mit dieser Art von Bewertung unserer Kinder finden. Wie können wir mit den Noten unserer Kinder umgehen? Die wichtigste Botschaft, die wir als Eltern unseren Kindern mitgeben können ist: „Du bist großartig, egal welche Note du hast. Was du hast und was du bist sind zwei verschiedene Dinge!“ Wir müssen ihnen klarmachen, dass eine Zahl NICHTS über sie als Person aussagt, dass es NICHTS an unserer Liebe für sie ändert. Kinder besitzen so viele Eigenschaften, die im Schulzeugnis keine Erwähnung finden, aber viel Anerkennung verdienen. Es ist UNSERE Verantwortung den Druck rauszunehmen. Der Wert unserer Kinder hängt nicht von deren Leistungen ab. Kinder dürfen sich auch einfach so geliebt und wertvoll fühlen. Wer jahrelang mit dem Gefühl aufwächst, nicht genug zu sein, kann auch kein gesundes Selbstwertgefühl entwickeln. Wir dürfen uns hinterfragen. Sind wir nach wie vor davon überzeugt, dass gute Noten ausschlaggebend dafür sind, ob unsere Kinder später einmal einen „guten“ Job finden? Was ist überhaupt ein guter Job? Hören wir erst auf zu bewerten, wenn unser Kind die Chefarzt-Position erreicht hat oder dürfen unsere Kinder wirklich das werden, was sie möchten? An dieser Stelle dürfen wir Eltern einen Blick auf unser Ego werfen und uns fragen, inwiefern es hier wirklich um unsere Kinder geht oder ob wir uns schlichtweg über die guten Noten und Erfolge unserer Kinder im Außen definieren wollen?
Bewertung hört nicht in der Schule auf – auch in unserer Erziehung bewerten wir unsere Kinder ständig. Während wir sie in den ersten Lebensmonaten mit Neugier betrachten, sie verstehen und herausfinden wollen, wer sie sind, fangen wir mit der Zeit an sie definieren zu wollen, beurteilen und korrigieren ihr Verhalten. Wir Erwachsene glauben, dass wir unseren Kindern beibringen müssen, was sie tun sollen, um später einmal glückliche Erwachsene zu werden. Dabei machen wir ihnen deutlich, was „richtig“ und „falsch“ ist und geben ständig Feedback durch Lob oder Bestrafung. Unser Motiv dabei ist, dass sie gesellschaftsfähig werden und von anderen anerkannt und geliebt werden. Doch sieht so das Ziel unserer Erziehung aus? – „Du bist nur richtig, wenn du dich anpasst.“
Es ist wissenschaftlich erwiesen, dass wir uns als soziale Wesen am wohlsten fühlen, wenn wir von Menschen umgeben sind, die uns lieben und so akzeptieren wie wir sind – unabhängig von unseren Leistungen und unserem Verhalten.
Auch unsere Kinder lernen beurteilen, indem sie uns beobachten und zuhören. Bis zu ihrem siebten Lebensjahr geht alles, was sie aus ihrer Umgebung aufnehmen, nimmt ihr Unterbewusstsein alles ungefiltert auf. Reden wir Eltern also gerne über andere und beurteilen sie, speichern auch unsere Kinder dieses Verhalten ab, da sie sich nach uns richten, um in der Welt zurecht zu kommen. Wir können als Eltern mal darauf achten, wie oft am Tag wir unseren Kindern sagen, dass etwas schön oder unerwünscht ist. Wir bringen unseren Kindern dadurch bewerten bei, was verhindert, dass sie Situationen einfach so annehmen, wie sie sind – um später auch besser mit Herausforderungen klarzukommen. Wir sollten uns davon befreien, alles und jeden zu bewerten – auch unsere Kinder.
Was können wir stattdessen tun? Natürlich dürfen wir über Entwicklungsschritte wie die ersten Schritte stolz sein und uns mit unseren Kindern MITfreuen. Vielmehr geht es um Alltagssituationen. Klettern unsere Kinder auf ein Klettergerüst und rufen „Schau mal Mama!“ wollen sie in erster Linie von uns gesehen werden. Sie haben erstmal nicht im Sinn, dass etwas belobt werden muss. Wenn sie uns rufen, möchten sie nur in ihrer Existenz bestätigt werden, sie möchten gesehen werden in dem was sie Tun, in der Erfahrung, die sie gerade machen. Erst durch unser „gut gemacht“ kommen sie auf die Idee, dass sie hier etwas richtig oder falsch machen können. „Ich sehe dich!“ reicht also vollkommen aus, um unsere Kinder glücklich zu machen. Mitfreuen – ganz ohne Wertung. Hilft unser Kind beim Tisch decken, braucht es kein „toll gemacht!“ Der Effekt kann sein, dass das Kind nicht mehr intrinsisch motiviert mithilft, sondern für das Lob. Eine Alternative wäre hier zum Beispiel „Danke, dass du mir geholfen hast!“.
Wenn unsere Kinder mehr WAHRGENOMMEN als gelobt werden, lernen sie, dass sie keine Leistungen vollbringen müssen, um geliebt zu werden. Die Annahme, dass Kinder (nur) durch Lob ein Selbstwertgefühl entwickeln ist weit verbreitet. Wenn wir uns jedoch genauer damit beschäftigen, passiert im Prinzip das Gegenteil. Denn wie soll sich ein gesundes SELBSTwertgefühl entwickeln, wenn jedes Verhalten und jede Handlung FREMD bewertet wird? Wenn Kinder ständig hören was sie gut und schlechtmachen? Sie werden durch unsere Bewertungen, Siegerehrungen, Urkunden, Belohnungen und Noten fremdgesteuert und verlieren auf Dauer das Gespür für sich selbst und ihre eigenen Gefühle. Dabei lernen sie nicht nur, sich regelmäßig rückzuversichern, sondern gleichzeitig auch, dass es in unserer Gesellschaft wichtig ist, zu den Besten zu gehören. Wir erschaffen uns eine Konkurrenzgesellschaft. Je mehr wir unsere Kinder als „brav“, „fleißig“, „faul“ oder „laut“ betiteln, desto weniger Raum gewähren wir ihnen, selbst herauszufinden, wer sie sind und mit was sie sich gut fühlen. Hier kommt erschwerend hinzu, dass Kinder in den ersten neun Lebensjahren glauben, dass ihre Eltern immer recht haben, unabhängig davon ob sie ihre Kinder positiv oder negativ definieren. Wer viel gelobt wird, orientiert sich also eher an den Maßstäben der Eltern, um anerkannt zu werden. Später kann das heißen, sich mehr nach den Wertvorstellungen anderer zu entwickeln, statt selbstbewusst und selbstständig zu handeln.
Viel wichtiger als Lob ist also das Ermutigen. Wir zeigen unseren Kindern damit „Du gehörst dazu und bist gut und wichtig, so wie du bist.“ Ermutigung erwartet keine Perfektion. Unsere Kinder lernen, sich so anzunehmen wie sie sind. Ermutigung macht frei, sodass sie ihren eigenen Weg gehen und ihre Erfolge selbst beurteilen lernen.
Fazit
Kinder werden überall bewertet – in der Kita, beim Kinderarzt und U-Untersuchungen, im Sportverein, bei den Verwandten und oftmals in der Schule – überall ist festgelegt, was ein Kind in welchem Alter können muss. Dabei dürfen wir Erwachsene entspannter sein, denn unsere Kinder lernen ein Leben lang – von Beginn an. Genauso wie ein Kind von alleine Laufen lernt, verspürt es nach seinem individuellen Tempo den Wunsch, sich weiterzuentwickeln. Wir müssen sie nicht drängen, wir dürfen ihnen Zeit lassen. Mein Ziel des Blogbeitrags ist es, nicht nur den Kindern Verhör zu verschaffen, sondern auch den Eltern den in der Gesellschaft entstandenen Leistungsdruck zu nehmen. Eure Kinder sind nicht mehr oder weniger wert, aufgrund guter oder schlechter Noten. Bewertungen sagen nichts darüber aus, wer eure Kinder sind und welche Stärken sie haben. Albert Einstein, Thomas Mann, Steve Jobbs, Marc Zuckerberg, Sido und Nena – alles Menschen, die trotz gescheiterter Schullaufbahn, weltberühmt und erfolgreich wurden. Viele Fähigkeiten und Begabungen werden in der Schule überhaupt nicht abgerufen und spielen dort keine Rolle, obwohl es vielleicht Talente sind, die jemand im späteren Leben erfolgreich machen. Genau deshalb ist es wichtig, unseren Kindern gegenüber zu betonen, welche Begabungen sie außerhalb von Schule haben. Die Grundlage für Erfolg sind Selbstvertrauen und Selbstbewusstsein. Auf diese Eigenschaften sollten wir im Umgang mit unseren Kindern den Schwerpunkt legen. Das beflügelt sie und gibt ihnen Mut, ihren individuellen Weg zu gehen.
„Childen are biologically designed to educate themselves. They do it joyfully through play and questioning and exploration. We dont need to educate children. All we need to do is to provide the conditions that would allow them to educate themselves.“ - Peter Gray
Quellen:
Ksenija Rodos (2023): Für eine achtsame und spirituelle Elternschaft. Bewerten- wie wir unseren Kindern das Schubladendenken beibringen.
Sigrid Schulze (2023): Selbstbewusste Kinder Lob macht abhängig, Ermutigung dagegen stärkt.
Anke Elisabeth Ballmann (2022): Erziehung nach dem Faultier-Prinzip: „Wir bewerten Kinder viel zu viel“.
Katharina Looks (2021): Wenn Kinder beurteilt werden – vom Umgang mit Zeugnissen und Noten.
Ann-Marie Backmann (2019): Du bist nicht deine Noten, du hast welche.
Stefanie Rietzler & Fabieln Grolimund (o.J.) Umgang mit Druck, Prüfungsangst und Schulangst. Noten: Ist das wirklich nötig?
Danke für diesen tollen Post.
Wir leben nach dem Konzept der Waldorfpädagogik, da wir genau diese Notenvergabe bei normalen Regelschulen nicht mögen :)
Vielen Dank für dieses tollen Beitrag. Ich fühle ihn so sehr. Mein fast 7 jähriger Sohn hat nun die erste Klasse geschafft, mit sehr vielen Tränen. Der Start war einfach nur schrecklich, mit Trennungsängsten die am Ende so schlimm waren das ich ihn im Schulalltag begleitet habe, da er sonst ständig abgehauen wäre. Ich wurde ständig kritisch beäugt von Lehrern und Eltern was ich den in der Schule zu suchen habe. Aber er hat jemanden gebraucht dem er vertraut. Eine Schulbegleitung zu bekommen dauert ewig.
Sein Zeugnis habe ich ihn nicht lesen lassen, weil ich es einfach nur traurig fand. Den Schulstoff hat er so toll gelernt, aber es wurde fast nur auf sein schulisches Verhalten eingegangen. Er verweigert den Sportunterricht, weil ihm Völkerball nicht gefällt, er verweigert das Diktat, weil er nicht schnell genug mit kommt usw. Seine Stärken wurden leider nicht erwähnt. Er wurde einfach links liegen gelassen.
Sowas darf eigentlich nicht sein. Er wollte am Ende nicht mal mehr mit seiner Lehrerin sprechen, da er gemerkt hatte das sie von ihm genervt war. Von der Schulleitung wurde er mitten im Flur angebrüllt, weil er ihr nicht zu hören wollte. Da bin ich aber dann dazwischen. Sowas geht gar nicht.
Ich hoffe für ihn das die zweite Klasse besser wird, er bekommt eine neue Lehrerin und somit einen neuen Start, denn er freut sich auf die Schule, nur kaum einer hat ihn gesehen.
Liebe Grüße
Stella
Ganz toll geschrieben.
Ich sehe das genauso.
Dennoch verfällt man manchmal in diesen Bewertungskreislauf.
Meine Tochter (13 Jahre ) ist ein Jahr auf eine Waldorfschule gegangen und hat sich dort mega wohl gefühlt. Leider sind wir umgezogen und hier gibt es keine Waldorfschule in der Nähe. So schade.
Würde mir wünschen, dass es mehr solcher Schulen gibt oder generell das ganze Schulsystem mal überarbeitet wird. Vielen Dank für den tollen Beitrag.
Ihr lieben
Ich kann gar nicht sagen wie sehr ich dem zustimme!!
Unsere 9 jährige Tochter Dana kam vor ca 2 Jahren nach dem sie mit dem Nachbars Mädchen gespielt hat zu uns mit der Aussage"ich lerne in der Schule zu wenig"
Damit meinte sie nicht Mathe und Deutsch sondern andere Dinge. Das Nachbars Mädchen geht zur Waldorf Schule und sie möchte da auch hin. Dort gehört zB Handarbeit zum festen Fach, Musik, Kunst etc werden ganz groß geschrieben an dieser Schule. Noten gibt es erst ab der 9 Klasse (weil da dann der 1. Abschluss möglich ist und die Schule staatl anerk ist)
Wir sind den Weg mit ihr gegangen, auf ihren Wunsch hin. Es war das beste was wir hätten machen können. Sie ist überglücklich dort, hat sich so zum positiven verändert, heißt sie ist viel mehr sie selbst jetzt!
Und ja, es hat auch was bei uns verändert, als Familie, und auhh in unserem Landw Betrieb!
Den Druck den du beschreibst, der war faktisch in der “Regel” Schule in der 2. Klasse bereits spürbar. Das gegenseitige Bewerten an Hand einer Zahl! Kinder die bei einer 2 zu Hause Ärger bekommen haben, Kinder die bei einer 3 da saßen und geweint haben…. Da sträubt sich in mir alles!!! Dieses ins System gepresst werden, nur damit sie später wie die Lämmchen gehorchen das tun was man von ihnen erwartet.
Empathie – Fehlanzeige. Dana hat in der Regel Schule ihren Sitznachbarn geholfen, wenn sie was nicht wussten in der Freiarbeit. Darauf sagte die Lehrerin dann zu mir, das ginge so nicht. Sie müsse sich zuerst um ihre Arbeit kümmern. Ich saß da und war kurz sprachlos, habe dann zu ihr gesagt das ich mich sehr darüber freue, das mein Kind so empathisch ist und ihrem Banknachbarn ein gutes Gefühl damit gibt.
In der Waldorf erleben wir genau das Gegenteil. Dort ist es erwünscht das die Kids empathisch einander gegenüber sind, das sie am besten mit allen Sinnen lernen, das sie die Natur achten und von ihr lernen.
Vielen Dank für diesen Post
Ich feier es sehr, das diese Meinung endlich mehr Gehör findet.
LG
Ela
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