Mein Leben als Scheidungskind

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Über die Trennung meiner Eltern öffentlich zu sprechen fällt mir nicht besonders leicht. Ich gebe ungern zu, dass die Trennung meiner Eltern, insbesondere das Verhältnis zu meinem Vater für mich sehr prägend und verletzend war. Ich finde es persönlich sehr wichtig, die Geschichte und somit meine Erfahrungen mit euch zu teilen. In der Hoffnung, dass ich zumindest einem da draußen Mut zusprechen kann.

Trennung bedeutet oftmals Schmerz und Verletzung. In meinem Fall kann ich rückwirkend sagen, dass es mir sogar gut getan hat, dass sich meine Eltern getrennt haben. Die Trennung hat mich zu dem gemacht, wer ich heute bin. Und aktuell bin ich sehr glücklich. Ich bereise seit 7 Monaten mit meiner tollen kleinen Familie, die ich über alles liebe die Welt und ich habe wundervolle Freunde, die hinter mir stehen.

Doch was hat jetzt eine Trennung mit Entscheidungen und Erwachsen werden zu tun?

Um euch das zu erklären, springen wir zurück in das Jahr 2005. Moritz, ein kleiner 12 jähriger fußballverrückter Junge, der 3 Wochen seine lang ersehnten Sommerferien bei seinem Vater verbringen sollte. Ob sich das damals richtig anfühlte? Nein! Wie auch? Mein Vater lebte zu dem Zeitpunkt mit seiner neuen Ehefrau, und ihren zwei Kindern sowie meiner mittleren Schwester, die Woche zu Woche zwischen meinen Eltern hin und her pendelte, in einer neuen Wohnung. Bevor der Umzug stattfand fragte ich meinen Vater, ob ich denn auch ein Zimmer bekäme. Seine Antwort: „ja klar..“ Lange Rede kurzer Sinn verbrachte ich die ersten Wochenenden und die darauf anfangenden Sommerferien im Wohnzimmer auf der härtesten Couch der Welt, im wahrsten Sinne des Wortes. Ohne Vorhänge und bitte kein Fernsehen mehr nach 20 Uhr. Ziemlich ungemütlich. Schnell wurde mir klar, dass ich mit der Situation mehr als unzufrieden war. Ich verspürte mehr und mehr den Drang zurück zu meiner Mutter, nach Hause zu gehen. Gott sei Dank habe ich mir damals von meinem hart ersparten Taschengeld für 99 Deutsche Mark mein erstes Handy im E-Plus Laden gekauft. Also schnell auf die Toilette gehuscht und „heimlich“ mit meiner Mutter telefoniert. Blöderweise stellte sich heraus, dass sich meine Mutter mit einer Freundin in Berlin befand. Schlecht! Was nun? Gott Segne die große Schwester. Meine Schwester wohnte zu der Zeit bereits alleine in einer Wohnung, 20 Meter Luftlinie entfernt von meiner Mutter. Das Telefonat ging wie folgt: „Du musst mich hier unbedingt abholen, ich halte es hier nicht mehr aus“ „Alles klar, ich fahre jetzt los und warte dann unten auf dich im Auto - In 10 Minuten bin ich da“. Als mein Vater mit dem Hund Karl vom gassigehen zurück nach Hause kam, saß ich bereits weinend auf dem Bett. Er fragte mich: „was ist los“? und ich antwortete: Ich fühle mich hier total unwohl, ich kann hier nichts machen, ich habe nicht mal ein Zimmer was du mir versprochen hast und deswegen gehe ich jetzt. Ehe ich eine Antwort bekam ging ich schnurstracks in Unterhose Richtung Tür und rannte die Treppen runter, wo bereits meine Schwester im Auto auf mich wartete. Ich hörte nur noch wie meine Stiefschwester zu meinem Vater sagte: „Wohin geht Moritz?“.

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Die darauf folgenden Tage verbrachte ich bei meiner Schwester. Eigentlich sollte es inklusive mir und meiner mittleren Schwester nächste Woche mit meinem Vater und seiner „neuen Familie“ nach Terschelling, eine westfriesische Insel gehen. Was also nun? Ich ging tief in mich. Eigentlich hatte ich Lust auf diesen Urlaub. Mir hatte es dort immer sehr gut gefallen. Zusätzlich fuhr meine mittlere Schwester mit. Der Gedanke gab mir das Gefühl von Sicherheit. Somit entschloss ich mich, bis zum Tag der Abfahrt bei meiner Schwester zu bleiben. Eigentlich waren wir schon auf dem Weg zu meiner Vater. Plötzlich kam mir ein komischer Gedanke. Ich weiß bis heute nicht, wie ich darauf gekommen bin. Ich rief meinen Vater an und fragte ihn, ob ich denn mit meiner Schwester zusammen im Urlaub das Zimmer teilen könne. Er verneinte dies und sagte: „nein so etwas gibt es nicht“ du gehst mit Simon, meinem damaligen Halbbruder in ein Zimmer. Ich sagte sofort: „okay, dann fahre ich nicht mit“ und legte auf.

Das war der letzte Kontakt, den ich zu meinem Vater hatte. Seit dem her habe ich nichts mehr von Ihm gehört, und er auch nicht von mir.

Was lehrt uns diese Geschichte bezogen aufs Leben? Und wie habe ich gelernt damit klar zu kommen? Ich bin der Meinung, alles passiert aus einem bestimmten Grund. Diese Geschichte hat mich vieles im Leben gelernt. Entscheidungen zu treffen und nicht immer alles negativ zu sehen. Ich habe verstanden was es heißt zu akzeptieren und zu vergeben. So habe ich meinen persönlichen Frieden geschlossen. Denn wenn das alles nicht passiert wäre, würde ich nicht heute an dem Punkt sein, wo ich stehe. Es hat mich zu dem gemacht wer ich bin.

 


11 Kommentare

  • duounique

    Hallo ihr 2,

    ich liebe eure Offenheit und die nackte Wahrheit. Ich (Sandra) bin ebenfalls Scheidungskind und kann so einiges nachvollziehen. Wir wünschen euch ALLES ALLES Gute für eure weitere Reise und folgen euch gerne :)
    Grüße aus NRW

  • Julia

    Lieber Moritz,
    Danke für deinen Bericht, der es mir noch mal sehr eindrucksvoll verdeutlicht hat, dass meine Geschichte kein Einzelfall ist und das ist ein sehr tröstender Umstand. Mein Vater hat mich nach der Trennung sehr vernachlässigt wenn ich bei ihm war und irgendwann angefangen psychischen Druck auf mich auszuüben. Der Terror ging so weit, dass ich erst nach einem Psychiatrie Aufenthalt den Mut fand mich von meinem Vater abzukapseln und mich nur noch selten mit ihm auf neutralem Boden zu treffen. Vorallem habe ich aber gelernt für mich selbst und meine Gesundheit einzustehen und für diese Lehre bin ich sehr dankbar.
    Alles Gute dir, bleib stark und schau nicht traurig auf die Vergangenheit, denn alles hat etwas Gutes!
    Liebe Grüße an deine ganze wundervolle Familie

  • Dani

    Vielen Dank für diesen intimen Teil
    Deines Lebens. Ich bin als Jugendliche Scheidungskind geworden, es wäre für alle Beteiligten besser gewesen, wenn man nicht wegen mir zusammengeblieben wäre. Ich habe leider erst sehr spät zu mir gestanden und Jahre versucht, es meinem Vater recht zu machen. Daher zolle ich dem “kleinen” Moritz sehr großen Respekt, für sich einzustehen. Auch ich habe nun keinen Kontakt mehr zu meinem Vater und du hast es treffend beschrieben, dass sich dadurch ein neuer Weg öffnet. Ich bin ein anderer Mensch geworden, befreiter, ich stehe zu mir und erdrücke mein Inneres nicht mehr, weil ich nur so bin, wie andere mich haben wollen. Denn das Muster habe ich auch in meine Beziehungen mitgenommen. Danke für deine Worte

  • LeslY

    Hallo Moritz
    Ich’s bin irgendwie total gerührt von deiner Geschichte ich hab Ähnliches durch mit meiner Familie , habe nie den richtigen Platz gefunden und weis bis heute nicht wo er ist . Es ist wunderschön zu sehen wie toll ihr das durchzieht und Vorallem wie gut ihr harmoniert . Ja es gibt Höhen und Tiefen aber ihr macht das so so toll ich beneide euch.
    Ich bin ab 4.11 auch unterwegs erstmal in der Schweiz auf einem Bauernhof und dann gehts ab Februar März durch Europa . Ja ihr habt mich animiert , anmiert meine weg zu finden . Und das ist mein Weg reisen und einen Platz finden an dem ich endlich glücklich bin.
    Danke für eure tägliche Motivation ❤️❤️❤️ Ganz viel liebe an euch

  • Arabella

    Danke für den Einblick Moritz. Ich bin auch Scheidungskind. Seid ich 12 Jahr alt bin. Meiner Schwester ist 7 Jahre jünger. Musste eine Menge Verantwortung übernehmen. Aber du sagst es, genau das hat mich zu dem Menschen gemacht, der ich heute bin. Am Anfang haben meine Schwester und ich nur zu zweit schlafen können, in einem Bett. Und nur mit Nachtlicht. Wir telefonierten auch heimlich mit Mama, was oft für Ärger sorgte. Noch heute besuchen wir unseren Vater regelmäßig. Meine Schwester übernachtet auch alle 2 Wochenende bei ihm.


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