So bleibe ich mir selbst treu

So bleibe ich mir selbst treu

„Ich kenne keinen sicheren Weg zum Erfolg, nur einen zum sicheren Misserfolg- es allen Recht machen zu wollen.“ – Platon

Traust du dich nicht immer zu sagen was du denkst? Fällt es dir schwer, eigene Entscheidungen zu treffen? Versuchst du es oft anderen Recht zu machen? Weißt du nicht genau was du möchtest, weil du deine Meinung lieber deinem Umfeld anpasst? Wenn du einen Teil dieser Fragen mit „Ja“ beantworten kannst, ist das ein Zeichen dafür, dass du dir zu viele Gedanken darüber machst, was andere von dir denken und du der Meinung anderer Menschen mehr Platz in deinem Leben schenkst, wie deinen eigenen Bedürfnissen.

Doch wieso fällt es uns manchmal so schwer, uns von der Meinung und den Problemen anderer abzugrenzen und bei uns zu bleiben? Evolutionsbedingt streben wir nach Zusammengehörigkeit und Harmonie. Das ist menschlich, aber auch gefährlich. Wir wollen anderen gefallen, Konflikten aus dem Weg gehen und gemocht werden. Wieso sonst räumen wir auf, bevor Besuch kommt, bleiben länger im Büro, weil die Kollegen auch noch arbeiten oder trauen uns viel zu selten „nein“ zu sagen? Die Frage ist, wie viel Ehrlichkeit unsere sozialen Beziehungen eigentlich aushalten. Dürfen wir eine Einladung ablehnen, weil wir keine Lust darauf haben? Können wir einer Freundin, die wieder mal nur von sich spricht sagen, dass uns das zu viel ist?

Gesellschaftlich gesehen, ist ein „Nein“ egoistisch. Bereits in unserer Kindheit lernen wir, dass sich „lieb sein“ lohnt. Tanzen wir aus der Reihe und machen nicht das, was die Erwachsenen von uns verlangen, sind sie sauer oder traurig. Verhalten wir uns hingegen brav, werden wir mit Fernseher schauen oder Süßigkeiten belohnt. Wir lernen also, dass es von Vorteil ist, die Erwartungen anderer zu erfüllen. Doch wenn wir den Fokus darauf legen, anderen zu gefallen, sind wir im Außen und nicht bei uns und unseren Bedürfnissen. Wir denken darüber nach, was die Nachbarn wohl von uns halten oder ob der Chef sauer ist, wenn wir uns krankmelden. Oder wir erhalten immer noch diese eine toxische Freundschaft aufrecht, nur weil man sich schon so lange kennt. Die Orientierung am Außen bringt uns also inneren Stress und Unruhe.

Um das zu vermeiden, müssen wir versuchen uns abzugrenzen, bei uns zu bleiben und unseren Körper, unsere Gefühle und unsere Gedanken wahr- und ernst zu nehmen. Hierfür müssen wir uns zunächst unserer persönlichen Grenzen bewusst werden. Wenn wir unsere Grenzen kennen, können wir unsere eigenen Bedürfnisse und Wünsche formulieren und auch mal „nein“ sagen. Dann erlauben wir uns, dem Chef mitzuteilen, wenn zu viel Arbeit anfällt oder aus Müdigkeit eine Verabredung abzusagen, ohne uns dabei schlecht oder emotional verantwortlich zu fühlen.

Stellt euch mal ein Leben vor, in dem wir uns frei davon machen könnten, anderen zu gefallen. Wenn wir kein Problem mit Kritik hätten oder versuchen würden, gut da zu stehen. Dann könnten wir einfach auf unser Bauchgefühl hören und unser Ding durchziehen. Wir würden nicht die Bestätigung im Außen suchen, sondern uns für die Person wertschätzen, die wir sind. Dann könnten wir mehr für uns einstehen, Dinge freundlich aber bestimmt ablehnen, die wir sonst aus Pflichtbewusstsein oder für den guten Haussegen getan hätten und weniger Zeit mit den Gedanken anderer Menschen verschwenden. Wir wären unabhängiger von der Bestätigung anderer und könnten unsere Energie in die wirklich wichtigen Dinge stecken.

Wenn wir Grenzen setzen, macht uns das nicht zu gefühlskalten und egoistischen Menschen. Vielmehr bietet es uns einen gesunden Schutzraum, in dem wir in Kontakt zu uns und unseren Bedürfnissen treten können. Das Gleiche sollten wir Eltern auch unseren Kindern vermitteln. So könnten unsere Kinder lernen, dass es okay und sogar gesund ist, auf die eigenen Bedürfnisse zu achten, Grenzen zu wahren und auch mal nein zu sagen.

Wie können wir lernen Nein zu sagen und was geht damit einher?

  • Um Grenzen zu setzen, müssen wir erstmal Situationen reflektieren, in denen wir uns übergangen oder ausgenutzt gefühlt haben. Wir müssen wahrnehmen, was mit unserem Inneren passiert, wenn jemand Einfluss auf uns nimmt.
  • Haben wir unsere Grenzen gesteckt, müssen wir sie kommunizieren lernen und aussprechen, wie wir uns fühlen oder was wir nicht möchten.
  • Wenn wir um einen Gefallen gebeten werden, sollten wir uns nicht unter Druck setzen lassen und sofort zustimmen oder ablehnen. Wir können stattdessen erstmal in uns gehen und abwägen was uns ein „Ja“ kosten würde.
  • Wollen wir nicht „Ja“ sagen, müssen wir uns die Erlaubnis erteilen „Nein“ zu sagen, ohne uns dabei schlecht zu fühlen.
  • „Nein“ sagen geht mit Gegenwind einher. Wenn wir dies aber aushalten, können wir zukünftig davon profitieren, standhaft geblieben zu sein. Wir gewinnen nämlich an Zeit, die wir in uns selbst stecken können, statt in andere.
  • Befassen wir uns mit unseren Grenzen, erkennen wir auch, welche Menschen immer wieder über diese hinausgehen. Ein guter Moment, um darüber nachzudenken, ob wir diese Menschen weiterhin in unserem Leben haben möchten. Denn die Anerkennung von anderen, sollte nicht von unserem „Ja“ abhängen.
  • Können wir unsere Grenzen klar vertreten, kann dies sogar positiven Einfluss auf unsere sozialen Beziehungen haben, da unser Gegenüber lernt uns einzuschätzen und nicht mehr über unsere Grenzen hinausgeht.

Zum Abschluss noch ein paar anregende Gedanken, die uns dabei helfen können, mehr bei uns zu bleiben: Wenn wir aus Angst vor Ablehnung über unsere persönlichen Grenzen hinausgehen, lehnen wir uns selbst ab. Denn wir zeigen uns, dass wir es nicht wert sind, für uns einzustehen. Die Tatsache, dass wir es sowieso nicht allen Recht machen können, kann uns hier eine Hilfe sein. Es wird immer Menschen geben, denen nicht passt wer wir sind oder wie wir unser Leben führen. Jedoch hat das, was andere über uns denken, wenig mit uns zu tun. Vielmehr sagt es aus, dass unser Verhalten nicht zu deren Meinung und Weltanschauung passt. Also macht euch freier von der Meinung anderer, umgebt euch mit Menschen, die euch Energie schenken, tretet in Beziehung mit euch, spürt eure Grenzen und verliert euch nicht selbst im Kontakt mit anderen. Seid es euch wert und steht für euch selbst ein!

Lass deine eigene innere Stimme nicht durch den Lärm anderer Meinungen übertonen – Steve Jobs.


12 Kommentare

  • Anne

    Super schön geschrieben! Obwohl ich vieles davon weiß, ertappe ich mich trotzdem immer wieder dabei, dass ich mich viel sehr von der Meinung und Absolution anderer anhängig mache. Ich arbeite weiter an mir und versuche mir die Frage “Was kostet mich ein Ja?” ab jetzt in solchen Situationen zu stellen. Danke für den tollen Text!

  • Chris

    Klasse geschrieben. Ich habe gelernt mich von der Meinung anderer frei zu machen. Es hat seine Zeit gedauert und auch Kraft benötigt. Aber es zahlt sich aus. Ich gehe mit Leichtigkeit durchs Leben auch wenn Stolpersteine auf dem Weg liegen. Es macht einen so viele größer und ich bin stolz darauf für MICH einzustehen.

  • Julia

    Genau mein Thema über das ich fast täglich ‘stolpere’. Sich SELBST immer hinten anzustellen, Grenzen nicht konkret benennen zu können und Entscheidungen kaputt zu denken raubt unheimlich viel Energie. Danke für den tollen Text ♡ danke das es euch gibt

  • Luna

    Auf den Punkt! Ich sehe diesen Beitrag als Reminder. Für mich bedeutet es einen inneren Kampf. Das Bedürfnis andere nicht hängen zu lassen ist leider größer als das Bedürfnis, sich selbst mal nicht hängen zu lassen und für sich selbst einzustehen. Aber die Erkenntnis darüber, sich in diesem Hamsterrad zu befinden, ist hoffentlich der erste Schritt in die richtige Richtung.

  • Sara

    Mega Text! Ich erkenne mich leider total wieder und hoffe es in Zukunft zu schaffen dass ich mich frage „Was kostet mich ein Ja?“.


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