Vanlife - Wie die Reise begann

Vanlife - Wie die Reise begann

Viele Menschen haben den Traum, irgendwann in ihrem Leben die Welt zu bereisen. Wie schön wäre es, einfach mal alles hinter sich zu lassen und drauf loszudüsen? Immer der Sonne hinterher! Auch wir hatten viele Jahre den Wunsch, Deutschland für eine geraume Zeit den Rücken zu kehren, um eine andere Seite des Lebens kennenzulernen. Eine Seite fernab von Konsum, dem täglichen Luxus, Familie oder Freunde. Wie muss es sich anfühlen loszufahren und nicht zu wissen, wo man abends schläft? Ein Baby auf der Reise großziehen? Geht das überhaupt? Wohnen in einem Van, auf 6 Quadratmetern, die wohl größte Herausforderung unseres Lebens und wir haben uns ihr gestellt.

Doch fangen wir von vorne an. Denn auch eine Reise ohne viel Luxus finanziert und plant sich nicht von alleine. Wir müssen einen Van kaufen, diesen umbauen und brauchen Geld für die Reise selbst. Wir müssen unsere Sachen aussortieren, Möbel einlagern und unsere Wohnung weitervermieten. Mal ganz zu schweigen von den ganzen Versicherungen die abgeschlossen werden für solch eine große Reise. Langsam dämmerte uns, dass ein langer und steiniger Weg vor uns liegt, den wir nur bestreiten würden, wenn wir Vollgas geben.

Oktober 2017

Moritz und ich wohnen im schönen Nordend, im Herzen Frankfurts. Läden, Caffees, süße Gassen, Freunde und Familie, alles fußläufig in unserer Nähe. Gemeinsam mit unserer Doggenmischlings Hündin Pepper, die ich aus meiner zu vorigen Beziehung mitgebracht habe, leben wir auf 55 Qm Altbauwohnung. Klein, gemütlich, ein Mix aus modern und alternativ, dass war es, unser Reich. Moritz studiert Sportökonomie und ich Soziologie, nebenher arbeiten wir beide Vollzeit. Und obwohl unsere Leben nicht besser sein könnte, sehnen wir uns nach einer langen Reise. Wir wollen die Welt kennenlernen und den gesellschaftlichen Normen und Regeln zumindest für eine bestimmte Zeit entfliehen. Symbolisch für unseren Wunsch einer Weltreise, basteln wir eine Spardose, mit einer Weltkarte vorne drauf. „Wenn die mal voll ist, dann fahren wir los“, sage Moritz zu mir. Unsere Idee einer Reise steckt in Kinderschuhen und erst mit der Suche nach einem Van, wird uns bewusst wie viel Geld wir benötigen. Also fangen wir an, monatlich Geld wegzulegen und unseren Lebensstil sparsamer zu gestalten. Weniger Essen gehen, keine Kleidung mehr kaufen, aussortieren und auf Flohmärkte gehen.

Dezember 2017

Im Winter steht der jährliche Familienurlaub auf Fuerteventura an. Und auch ich bin das erste Mal mit dabei. Gemeinsam verbringen wir zwei wunderschöne Wochen mit der Familie von Moritz, dabei wird der Wunsch nach einer gemeinsamen Reise immer größer. Zurück in Deutschland schreibe ich meine Bachelorarbeit. Nach zwei Monaten ist Abgabe und ich kann selbst nicht glauben, dass ich dieses lästige Kapitel meines Studium endlich hinter mir lassen darf. Ich nutze die Möglichkeit und bewerbe mich direkt auf einen Vollzeitjob an einer Grundschule, damit wir weiterhin genügend Geld zur Seite legen können. Zwar reicht unser Geld noch für keinen Van, trotzdem reift die Idee immer weiter heran und das Reisesparkonto füllt sich langsam.

März 2018

Meine Brüste tun weh, mir ist regelmäßig schlecht und meine Tage bekomme ich auch nicht mehr. Der Besuch beim Frauenarzt bestätigte meine Vermutung. Wir werden Eltern. ACH DU SCHEIßE!!! Auch das noch. Dabei sind wir doch seit Monaten drauf und dran uns unseren Lebenstraum einer Reise zu erfüllen. Zu Hause angekommen strecke ich Moritz den Zettel vom Frauenarzt in die Hand. Moritz schaut mich an und verfällt wie ein Frosch in Winterstarre. Mit kreidebleichem Gesicht und einer Körperhaltung, die einem Stock ähnelt, schaut er mich mit großen Augen an und kann es nicht glauben.

Tja ihr Lieben. Stand der Dinge, ich bin schwanger, Moritz steckt mit beiden Ohren im Studium und ich bin in Probezeit auf meiner neuen Arbeit. Was ein Timing. Hoch Lebe das Team Chaos. Zwar ist die Schwangerschaft ungeplant, trotzdem freue ich mich unglaublich über diese wundervolle Nachricht. Moritz freut sich auch, allerdings kann er seine Freude in den ersten zwei Wochen nur schwer zeigen. Ich glaube er denkt, mit einem Baby ist das Leben vorbei.

Mai 2018

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Wir müssen umziehen. Zwar brauchen wir wirklich nicht viel Platz, um uns wohlzufühlen, allerdings ist wirklich jeder einzelne Quadratmeter unserer Wohnung zugestellt, sodass es nicht mal Platz für eine Wickelkommode gäbe. Gesagt getan. Unsere Wohnung ist gekündigt und eine neue Wohnung in Bornheim gemietet. Drei Zimmer, 90 Quadratmeter, direkt an der Bergerstraße. Perfekt, für eine kleine Familie mit Baby. Mein Bauch wächst und so richtig tragen kann ich auch nichts mehr. Umzüge sind schon so eine absolute Katastrophe, doch schwanger finde ich sie kaum zumutbar.

Juli 2018

Ich schwitze wie ein Schwein und frage mich, wieso ich ausgerechnet im heißesten Sommer schwanger sein muss. Meine Beine wiegen gefühlt hundert Kilogramm, mein Gesicht explodiert vor lauter Pickeln und rausgehen möchte ich auch nicht mehr. Der Vollzeitjob an der Grundschule belastet mich zunehmend, sodass ich die letzten drei Monate krankgeschrieben werde. Nebenher schreibt Moritz seine Bachelorarbeit und baut mit mir die Möbel für unseren kleinen Wurm auf. Apropos Wurm, nun sind es noch drei Monate, bis wir Eltern werden und unser Traum vom Reisen ist einmal mehr durcheinander gebracht. Ich bin mir unsicher, ob ich mir eine Reise im Van noch vorstellen kann. Wie soll das alles funktionieren, ohne Dusche, ohne ein eigenes Zimmer für das Baby? Mir wurde die Idee langsam zu heikel. Also buchen wir stattdessen Apartments über Air bnb und planen so eine Europareise. Nach ein paar Wochen haben wir insgesamt über 25 Apartments im Wert von knapp 15.000 € quer durch Europa gebucht. Mit Spontanität und der ursprünglichen Reise in einem Van, hat das nicht mehr viel zutun. Tja da hat sie mich wieder gepackt, die Vernunft.

Oktober 2018

 

Ich habe 20 Kilogramm zugenommen, passe in absolut kein Kleidungsstück mehr rein und würde mich am liebsten irgendwo vergraben. Und ausgerechnet eine Woche vor meinem Entbindungstermin heiratet auch noch meine Schwester. WOW. Mein Wunsch, dass mein Baby bitte früher kommen solle, wurde übrigens nicht erhört. Dafür kam er zwei Tage zu spät.

2. November 2018

 

Am 02. November um 06.17 Uhr erblickte Lias Sol alias Solly das Licht der Welt. Er ist das perfekte Travelbaby, zumindest reden wir uns das ein. Denn alles ist bereits geplant und Solly mit seinen zarten zweieinhalb Kilogramm fester Bestandteil unserer bevorstehenden Air bnb Europareise.

Dezember 2018

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Und wieder steht der jährliche Familienurlaub nach Fuerteventura bevor. Diesmal mit Solly im Gepäck. Er ist gerade mal fünf Wochen alt und wird bereits auf seine Travelfähigkeiten getestet. Euphorisch und gespannt steigen wir in den Flieger. Sowohl der Flug, als auch der Aufenthalt auf Fuerteventura meistert Solly mit bravur.

Auf dem Rückflug schauen Moritz und ich uns an. „Schatz, ich glaube wir müssen doch im Van reisen“, sagte ich zu Moritz. Er schaut mich an und lacht. „Also alles nochmal umwerfen? Alle Apartments stornieren und einen Van kaufen und umbauen, ja?“ „Genau, bitte einmal das komplette Chaos!“

Zurück in Deutschland telefoniert sich Moritz stundenlang durch halb Airbnb. Mittlerweile war er mit den Menschen per Du und erklärt unser Problem. Innerhalb eines Tages stornierte uns Airbnb jede Wohnung und wir haben unsere 15.000 € wieder. Puh, das hätte auch schief gehen können. Jetzt brauchen wir dringend einen Van, sonst wird das nichts mit unserer Reise.

Februar 2019

Unsere Wahl fällt auf einen Peugeot Boxer Pössl 2002. Komfortabel, gemütlich, mit Sitzbank und Doppelbett (1,40m), einer kleinen Küche und genügend Stauraum. Wir finden das für uns perfekte Auto auf Ebay Kleinanzeigen und zahlen schlussendlich mit zwei kleinen Reperaturen genau 18.000€. Noch nie in meinem Leben habe ich so viel Geld für etwas ausgegeben und bei dem Gedanken daran wird mir auch kurz schwindelig. Aber hey, wir haben endlich unseren eigenen Van, der übrigens furchtbar von innen aussieht.

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Bis zu unserem Stichtag haben wir noch zwei Monate Zeit unseren Van in ein gemütliches zu Hause umzubauen. Aber wie? Moritz und ich sind so ziemlich die untalentiertesten Menschen, wenn es um Themen Umbau, Elektrik und Co geht. Glücklicherweise hilft uns mein Papa oft aus, sodass wir mit dem Umbau gut vorankommen. Der Rohbau des Autos bleibt erhalten, allerdings wird der Van einmal komplett kernsaniert und von innen drei Mal gestrichen. Die Polster, Küchenelemente, die Bezüge der Sitzbank, die Bettmatratze, alles wird erneuert. Lichterketten, Bilder und Pflanzen werden angebracht, sodass aus dem einst sehr heruntergekommenen Van, nun ein gemütliches Reisemobil namens Rolf wird. Wie der Umbau genau ablief, welche Kosten auf uns zukamen und welche Materialien wir benötigten, könnt ihr in unserem Blogbeitrag „Vanumbau„ nachlesen.

12. April 2019

 

Wir können es nicht glauben. Mit zwei Studienabschlüssen in der Tasche, einem selbst kernsanierten Van, einem Baby und einem riesen Hund, kann die Reise endlich beginnen. Die letzten Monate waren chaotisch, aufregend, emotional und sehr belastend. Wir sind sowas von ready für diese Europareise und können es kaum erwarten. Ab nach Slowenien, unserem ersten Reiseziel. Wir haben es tatsächlich geschafft. Das Gefühl endlich im Van zu sitzen und loszufahren ist unbeschreiblich. Die spannendste Reise unseres Lebens liegt vor uns und du bist mit dabei.

 

Bonjournski, Freunde!


9 Kommentare

  • Anne

    Hallo ihr vier.Ich habe euren Potcast vor einem Tag gefunden und liebe ihn.Er ist echt sjper und ich liebe ihn.Ich selbst würde auch gerne im Van durch Europa, aber bin halt erst 14 Jahre und meine Eltern wollen das haöt niemals.Ich liebe die Atur und mag nicht die Stadt.Ich hätte ein paar Fragen an euch:
    -wie ist das da so mit Einbrächern
    -was macht ihr wenn ihr krank seid…
    -wie geht es danach weiter?
    -und die letzte Frage seid ihr auch manchmal wo, wo niemand ist also nur ihr ganz alleine mitten in der Natur.

    Ich weiß das ist jetzt nur ein Kommentar aber ich habe kein Instagramm.

    Danke hoffe ihr beantwortet meine Fragen.
    Liebe Grüße eure Anne

  • Martina

    Super schön geschrieben! Danke für die Portion Humor und real life in den Beiträgen! Planen auch gerade unser Sabbatical und sind gespannt wie alles anders kommt als gedacht! Liebe Grüße

  • Jamy

    Huhu ihr habt wirklich eine tolle Seite.
    Was mich brennend interessiert, wie finanziert ihr alles ? 😍
    Lg

  • Gabi

    Ihr seid ein tolles Team 💞 Alle zusammen.
    Ich lese gerne eure Beiträge und freue mich täglich auf neue Infos.

    Habt Ihr eigentlich nie Angst gehabt?
    Ich frag das, weil ich mich nie trauen würde so wild zu Campen wie ihr das beschreibt.
    …und Pepper schaut so gemütlich aus💞
    Wünsche weiterhin eine gute Zeit. 💞

  • Dani

    Ich habe Tränen in den Augen!!
    Ihr seid wirklich der Hammer! Ihr zeigt einfach, dass man alles schaffen kann!

    Daaaanke


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